Jahrgang 2017: Lese früh, Menge mini, Qualität top

Weinreben mit Weintrauben daran
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In ganz Europa fiel die Weinernte wetterbedingt sehr niedrig aus. Frankreich hatte die kleinste Ernte seit 1945. In Deutschland liegt die Weinmosternte mit geschätzten 7,4 Millionen Hektoliter deutlich unter dem Vorjahresergebnis (9,069 Millionen Hektoliter), das ziemlich genau dem Zehnjahresmittel entsprach. Der Grund war in Deutschland vor allem ein Spätfrost im April, der die gerade austreibenden Reben kalt erwischte. Die erfrorenen Jungtriebe konnten durch die Pflanzen oft nicht vollständig ausgeglichen werden, sodass es in einzelnen Lagen zu hohen Ausfällen, manchmal Totalausfällen kam. Dennoch wurde die Lese bei optimalem Wetter sehr früh abgeschlossen. Die geernteten Qualitäten werden die Erwartungen der Liebhaber mehr als erfüllen. Eher leicht, fruchtig und finessenreich fallen Weine aus dem Jahrgang 2017 meistens aus. Das passt zum klassischen Stil deutscher Weine und kommt den Geschmacksvorlieben vieler Verbraucher sehr entgegen.

Im Rotweingebiet Ahr profitierten vor allem die spät reifenden Sorten wie Spätburgunder und Riesling vom guten Erntewetter. Die Weine präsentieren sich extraktreich und gehaltvoll mit guter Struktur und typischer feiner Sortenfrucht.

In Baden, dem wärmsten Anbaugebiet Deutschlands, schlug der April-Frost stellenweise so schlimm zu wie seit 1953 nicht mehr. Die Erntemenge liegt mit 1,05 Millionen Hektoliter fast 20 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Die erreichten Mostgewichte und Qualitäten waren jedoch gut. Die badischen 2017er Weine fallen animierend aromenreich, komplex und vielschichtig bei harmonischer Säurestruktur aus.

In Franken gab es die schnellste und früheste Ernte aller Zeiten. Trotz einiger Wetterunbilden wie Hagel im Sommer und Starkregen vor der Ernte lagen die Erntemengen mit rund 487.000 Hektoliter sogar etwas höher als im Vorjahr. 2017 zählt Franken mengenmäßig zu den „Gewinnern“. Die Weine sind überwiegend erfrischend leicht und animierend fruchtig, schlank und elegant.

Hohe Wein-Qualität trotz Frost

Ein turbulentes Jahr war 2017 an der Hessischen Bergstraße. Nicht nur gab es durch Frostschäden Einbußen in der Menge, Probleme bereitete auch die teils feuchte Witterung durch Fäulnis. Durch fleißige Selektion konnten die Winzer die Qualität retten. Die Bergsträßer Weine des Jahrgangs 2017 fallen sortentypisch und frisch, leichtfüßig und elegant aus.

Die Winzer am Mittelrhein blieben von größeren Ernteverlusten durch die April-Fröste weitgehend verschont. Allerdings stellte das Jahr die Winzer auf andere Weise vor große Herausforderungen, etwa durch viel Niederschlag im Sommer und wechselhaftes, feuchtes Wetter zur Erntezeit. Es musste aufwändig selektiert werden. Auch edelsüße Spezialitäten bis zur Trockenbeerenauslese wurden geerntet. Die Weine präsentieren sich ausgewogen und mit starken Aromen bis konzentriert mit schönem Süße-Säure-Spiel.

An der Mosel wurde so früh und mit einem so niedrigen Mengenergebnis wie noch nie seit einem halben Jahrhundert gelesen. Die Aprilfröste betrafen fast ein Drittel der Mosel-Rebfläche. Selbst Steillagen litten, was selten vorkommt, weil die Kaltluft nach unten abfließt. Mit 600.000 Hektoliter fällt die Menge geringer als im „neidischen“ Jahr 2016 aus. Mitte September wurde schon der Riesling eingebracht, sodass der sprichwörtliche Goldene Oktober den Winzern kaum nutzte. Feingliedrig, spielerisch und mineralisch sind die Moselweine mit dem Jahrgang 2017.

Frosttrotzer“: Starke Wein-Aromen überzeugen

Das Tief Otto mit der Frostnacht am 20. April bescherte den Winzern an der Nahe teils erhebliche Ausfälle auch in Spitzen- und Steillagen. Das meist günstige Wetter im Sommer und zur Lese wirkte sich dann aber positiv auf die verbliebenen Trauben aus. Die Mostgewichte waren gut. Die Nahe-Weine des Jahrgangs 2017 präsentieren sich reintönig, gehaltvoll und balanciert.

Die Winzer in der Pfalz haben etwa 19 Prozent weniger Trauben als sonst eingefahren (rund 1,8 Millionen Hektoliter). Insgesamt hielten sich die Schäden in Grenzen. Zur früh einsetzenden Ernte war das Wetter hochsommerlich warm, doch gab es kalte Nächte. Im September kühlte es dann gegen Ende der Lese ab. So bildeten die Trauben viel Zucker und gute Aromen. Die hohen Mostgewichte und guten Säurewerte versprechen charaktervolle, ausdrucksstarke Weine. Dass der Jahrgang auf den Namen Frosttrotzer getauft wurde (seit 90 Jahren gibt es in der Pfalz die Tradition der Jahrgangstaufe), zeugt von der typischen Einstellung der Pfälzer.

Die Erntemenge im Rheingau (ca. 180.000 Hektoliter) liegt um rund 18 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Doch die beiden spät reifenden Hauptrebsorten Riesling und Spätburgunder erbrachten doch noch sehr gute Traubenqualitäten und Mostgewichte. Aromenreiche Weine mit harmonischer Säure und guter Struktur prägen den 2017er Jahrgang im Rheingau.

Spät reifende Sorten profitieren vom Jahrgang 2017

Die Erntemenge im größten deutschen Anbaugebiet Rheinhessen liegt mit rund 2,05 Millionen Hektoliter rund 20 Prozent unter dem Vorjahr. Bei der äußerst frühen Lese zeigte sich der Wettergott gnädig, nachdem es kurz vor Lesebeginn noch Hegel gegeben hatte. Die Jungweine präsentieren sich sehr fruchtbetont, ausgeglichen und erfrischend. Besonders gelungen sind die Rieslinge, denn gerade die spät reifenden Sorten haben vom Jahrgang 2017 profitiert. Sortentypik und Charme zeichnen die 2017er Rheinhessenweine aus.

An Saale und Unstrut hatte es größere Wetterprobleme bis auf vereinzelte Frostschäden im April nicht gegeben. Ungewöhnlich lange reiften die Trauben, deren Lese Anfang September begann. Die trockenen Weine fallen filigran, fruchtig und leichtfüßig aus, typisch Saale-Unstrut.

Auch in Sachsen blieben die Frostschäden glücklicherweise aus. Die Mengen und vor allem die Qualitäten stimmen. Fruchtige, saftige Weine mit guten Extrakten sind das Ergebnis. Die Erntemenge liegt mit rund 27.000 Hektoliter knapp unter dem Vorjahresergebnis, aber deutlich über dem langjährigen Mittel (21.000 Hektoliter).

Viel Mühe hatte das Jahr 2017 den Wengertern in Württemberg gebracht. Schwere April-Fröste verursachten zum Teil erhebliche Ertragsausfälle von manchmal 25 bis 30 Prozent, im Taubertal oder im Hohenlohischen sogar 50 bis 60 Prozent. Das ungünstige Wetter zur Ernte erzwang vielerorts eine frühe und zügige Lese. Immerhin waren die eingefahrenen Qualitäten gut. Das lässt einen Jahrgang mit sortentypischen, ausgewogenen und fruchtigen Weinen erwarten.

Dr. Rolf Klein

Der freiberufliche Weinjournalist war bis 2006 Chefredakteur der Weinwelt und bloggt über aktuelle Trendthemen aus der Welt der Weine und Winzer.