Österreichs Brauwirtschaft zieht Bilanz zum Jahr 2020

Beer glass filled at bar
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Die Corona-Pandemie und die wiederholten Lockdowns in der Gastronomie haben Österreichs Brauwirtschaft im Jahr 2020 stark zugesetzt.

Im vergangenen Jahr sank der Inlandsabsatz bei Bier um 4 % auf ca. 8,3 Millionen Hektoliter und die Exporte gingen um 5,7 % zurück. Auch die Entwicklung der Absätze in der Gastronomie war dramatisch: So wurden 2020 rund 840.000 hl Fass- und Tankbier weniger verkauft als noch im Jahr zuvor. (Alle angeführten Mengenangaben verstehen sich inkl. alkoholfreiem Bier.)

Siegfried Menz, Obmann des Verbands der Brauereien Österreichs, beschreibt die Situation folgendermaßen:

„Die Pandemie hat uns um gute 20 Jahre zurück geworfen. Seit der Jahrtausendwende war der Inlandsausstoß nicht mehr so niedrig wie im vergangenen Jahr.“

Bierkultur in Österreich nach Pandemie in Gefahr

Mit Sorge blickt Siegfried Menz auf die Entwicklung der österreichischen Brauwirtschaft: „Nach mehrmonatigen Lockdowns von Gastronomie sowie Hotellerie, verschärft durch die komplett brachliegende Veranstaltungs- und Eventszene, sind viele Brauereien nun an der Grenze des Machbaren angekommen. Während in normalen Jahren rund ein Drittel des Bieres in die Gastronomie fließt, existiert dieser äußerst wichtige Bereich seit Monaten praktisch nicht mehr. Unsere Brauereien haben mit Gesamtumsatzrückgängen von durchschnittlich 20 Prozent zu kämpfen. Einzelne, vor allem kleine und mittelständische Brauereien, die stark im Gastronomie- und Veranstaltungssektor aktiv sind, berichten von bis zu 70 Prozent Einbußen. Die Vielfalt unserer heimischen Bierkultur und damit das Bierland Österreich sind in Gefahr.“

Menz zufolge werde die Dramatik der Situation zudem durch Prognosen der Kreditorenverbände unterstrichen. Demnach werde, ähnlich wie in Deutschland, eine Insolvenzwelle in der zweiten Jahreshälfte 2021 befürchtet, bei der bis zu 29 % der Unternehmen in der Sparte Hotellerie und Gastronomie vom österreichischen Markt verschwinden könnten.

Zusätzliche Belastung durch hohe Biersteuer

Die Wirtschaftsleistung der österreichischen Brauereien spült jährlich rund 700 Mio. Euro in die heimische Staatskasse. Ein wichtiger Grund für den Erfolg des heimischen Bieres ist der Einsatz hochqualitativer natürlicher Rohstoffe aus Österreich – mit durchschnittlich 150.000 Tonnen Braugerste und 500 Tonnen Hopfen pro Jahr.

Während Brauereien in Österreich im Durchschnitt 24 Euro pro Hektoliter Bier an das Finanzministerium abführen müssen, sind in Deutschland nur etwa zehn Euro fällig. „Diese offenkundige Diskriminierung, mit einer mehr als doppelt so hohen Besteuerung, muss ein für alle Mal beendet und die Biersteuer auf ein wettbewerbsfähiges Niveau, das heißt um 50 Prozent, gesenkt werden“, fordert Menz und moniert, dass die österreichischen Brauereien in der Corona-Krise durch solche Regelungen zusätzlich belastet werden.

Der Brauereiverband würde zudem eine rasche und unkomplizierte Ausweitung der Biersteuermengenstaffel von derzeit 50.000 hl auf bis zu 200.000 hl Jahresausstoß begrüßen. „Der ermäßigte Steuersatz würde vor allem den von der Krise besonders hart getroffenen klein- und mittelständischen Brauereien zugutekommen, den Fiskus aber nur rund 1,4 Mio. Euro bzw. etwa 0,7 Prozent des gesamten Biersteueraufkommens kosten. Das wäre ein Rettungsanker für viele Betriebe und würde zahlreiche Arbeitsplätze sichern“, erklärt Menz.

Zwar mussten bis Mitte März 2021 in Österreichs Brauereien praktisch keine Kündigungen ausgesprochen werden, dennoch befanden sich rund 3.000 Menschen in Kurzarbeit, was mehr als drei Viertel aller direkt in den Brauereien Beschäftigten entspricht.

Beliebteste Biere in Österreich im Jahr 2020

Beer in glass with mountain view
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Auch im Corona-Jahr wurde das „Lager-/Märzenbier“ mit stolzen 5,6 Millionen Hektolitern am häufigsten getrunken. Das entspricht einem leichten Zuwachs gegenüber dem Vorjahr (+31.395 hl bzw. +1 %). Mit rund 68 % Marktanteil belegte es damit souverän den ersten Platz unter den beliebtesten Biersorten in Österreich.

Bei allen anderen Biersorten – mit Ausnahme von „Leichtbieren“, deren Marktanteil jedoch unter einem Prozent liegt – war diese Stabilität jedoch nicht gegeben. Rückläufig in der Entwicklung waren 2020 demnach u.a.:

  • „sonstige Vollbiere“ (-175.594 hl bzw. -14 %)
  • „Spezial“ (-62.120 hl bzw. -17 %)
  • „Pils“ (-60.469 hl bzw. -24 %)
  • „Radler mit Alkohol“ (-36.374 hl bzw. -9 %)
  • „Weizen“ (-28.401 hl bzw. -25 %)

Höherer Mehrweg-Anteil bei den Gebinden

Betrachtet man die Entwicklung der Gebinde, sticht besonders der Rückgang von Fass- und Tankbier im Inland hervor (-839.241 hl bzw. -46 %), welcher der geschlossenen Gastronomie sowie fehlenden Festen und Großveranstaltungen geschuldet ist.

Demgegenüber konnte die 0,5-Liter-Glasflasche hingegen ihre Spitzenposition auf dem österreichischen Biermarkt ausbauen. Sie erreichte 2020 einen Marktanteil von 52 %, was einem Volumen von etwa 4,3 Millionen Hektolitern entspricht. Im Vergleich dazu erzielte die 0,33-Liter-Flasche unverändert einen Marktanteil von nur ca. 10 % (rund 816.000 hl).

Insgesamt betrug der Mehrweg-Anteil bei Bier im letzten Jahr etwa 62 %; im Inland waren es sogar 66 %. Die ehemalige Geschäftsführerin des Brauereiverbandes, Jutta Kaufmann-Kerschbaum, lobte diese zukunftsweisende Entwicklung der Brauwirtschaft: „Der konstant hohe Mehrweganteil freut uns sehr und spiegelt das hohe Umweltbewusstsein der österreichischen Biergenießerinnen und Biergenießer wider. Das ist auch gut so, denn trotz Corona- und Wirtschaftskrise dürfen wir die großen Herausforderungen im Bereich Klima- und Ressourcenschutz keinesfalls vergessen.“


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