Kunststoff geht auch nachhaltig – innovative Lösungen als Wettbewerbsvorteil

Kunststoff geht auch nachhaltig – innovative Lösungen als Wettbewerbsvorteil
© www.unsplash.com / Giuseppe Famiani

Immer mehr Verbraucher denken immer nachhaltiger. Eine Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist und an die sich die alkoholfreie Getränkebranche sowie deren Zulieferer anzupassen haben, sofern sie auch künftig Marktanteile halten oder steigern möchten. Ein Part, den Konsumenten in diesem Zusammenhang immer kritischer betrachten, ist die Getränkeverpackung. Im alkoholfreien Getränkebereich steht die Flasche aus Kunststoff deutlich im Fokus. Innovative nachhaltige Lösungen schaffen hier gleichzeitig Wettbewerbsvorteile.

Erst kürzlich fand ein internationales Wissenschaftlerteam der „Ocean Cleanup Foundation“ heraus, dass der große pazifische Müllstrudel wesentlich umfangreicher ist als bislang angenommen und viel mehr Kunststoff enthält als gedacht. Knapp 80.000 Tonnen sollen hier in einem Gebiet von 1,6 Millionen Quadratkilometern treiben. Das entspricht einer etwa 4,5-mal so großen Fläche wie sie ganz Deutschland aufweist.

Fakten, die Konsumenten erschrecken. Und Fakten, die mit dafür sorgen, dass diese auch alkoholfreie Getränke in der Kunststoffflasche immer deutlicher hinterfragen. Da tut es Not, aufrüttelnden negativen Erkenntnissen positive Entwicklungen entgegenzusetzen. Und hiervon gibt es zahlreiche, die nennenswert sind – vonseiten der Wissenschaft ebenso wie aus der Zulieferindustrie und der alkoholfreien Getränkebranche selbst.

Neues aus der Forschung

Beispielsweise forscht Professor Dr. Stephanie Stute von der Fakultät Verfahrenstechnik an der TH Nürnberg zu biologisch abbaubaren Kunststoffen. In ihrem Projekt „Biobasierte Herstellung des biologisch abbaubaren Bio-Kunststoffes Polybuttersäure“ entwickelt sie ein kontinuierliches und damit besonders wirtschaftliches Herstellungsverfahren für den Bio-Kunststoff Polybuttersäure (PHB). „Die Polybuttersäure ist ein farbloser Polyester und gilt als vielversprechender Ersatz für petrochemische Polymere. Bisher sind die Herstellungskosten für diesen Bio-Kunststoff jedoch sehr hoch, weshalb die Industrie ihn noch nicht im großen Maßstab einsetzt“, so Stute.

Erst kürzlich eröffnete das Team vom Fachgebiet Konversionstechnologien an der Universität Hohenheim ein neues Bioraffinerie-Technikum. Damit wird das Konzept, Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zu erzeugen, weiter verfolgt. Was bisher nur im Labor erforscht wurde, nimmt nun den Weg zur Versuchsstation. Chinaschilf, Chicoree-Rüben oder Altbackwaren sollen hier in Zukunft der Herstellung von Hydroxymethylfurfural (HMF) dienen. Einem Stoff, der unter anderem für die Herstellung von Getränkeflaschen aus Polyethylenfuroanat (PEF) genutzt wird.

Die „Lightweight-Geschichte“ geht weiter

Jüngst bestätigte eine Studie der AGVU, dass durch die Steigerung der Materialeffizienz bei Verpackungen in hohem Maße Ressourcen eingespart werden. Ein Ergebnis, das auch die alkoholfreie Getränkebranche betrifft: Wären in Deutschland im Jahr 2013 statt moderner Kunststoffverpackungen jene aus dem Jahr 1991 verwendet worden, hätte man hierfür 955.000 Tonnen mehr an Kunststoff benötigt. Dass die Entwicklungen in dieser Hinsicht immer weiter vorangetrieben werden, demonstriert beispielsweise KHS im Rahmen seines Bottles & Shapes-Programms mit neu entwickelten Lightweight-PET-Flaschen. So realisierte das Unternehmen eine 0,5-l-PET-Flasche mit Schraubverschluss für stark karbonisierte Getränke, deren Gewicht nur 9,9 Gramm beträgt und eine 0,5-l-PET-Flasche für stilles Wasser mit einem Gewicht von lediglich 5 Gramm.

Recyceltes PET (rPET) für Neuflaschen

Auch was die Verwendung von recyceltem PET für neue Getränkeflaschen angeht, tut sich einiges. Als Entwickler und Hersteller von PET-Flaschen, insbesondere für den Bereich der Heißabfüllung, präsentierte E-proplast beispielsweise vor kurzem seine neue Flaschenserie Eco, die mit einem 50-prozentigen rPET-Anteil (recyceltes PET) gefertigt wird.

Der österreichische Produzent von Kunststoffverpackungen, Alpla, verpflichtete sich im Rahmen des „Global Commitment“ der New Plastics Economy dazu, seine Verpackungslösungen bereits bis 2025 zu 100 Prozent recyclingfähig zu gestalten. Der Anteil der verarbeiteten Post-Consumer-Recyclingmaterialien am gesamten Materialeinsatz soll laut Unternehmensangaben bis zu diesem Zeitpunkt auf 25 Prozent steigen.

Pioniere im Bereich Kunststoff

Auch die Abfüller von alkoholfreien Getränken erkennen die Zeichen der Zeit. Ein sehr interessanter und innovativer Ansatz stammt hier von dem Berliner Start-up share. Als erster Getränkehersteller Deutschlands bietet share sein Wasser schon heute aus PET-Flaschen an, die zu 100 Prozent aus Recyclat bestehen. 2019 plant das Unternehmen, etwa eine Million Flaschen abzusetzen und damit circa 200 Tonnen Plastikmüll zu vermeiden. „Wenn alle deutschen Hersteller von nicht-alkoholischen Getränken auf diese Flaschen umsteigen würden, könnten wir gemeinsam ganze 300.000 Tonnen Plastikmüll einsparen“, regt share-Gründer Sebastian Stricker zum Nachdenken an. Ein ambitioniertes Ziel, das Verbraucher durchaus zu schätzen wissen dürften.

Einen besonders nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen praktiziert auch der österreichische Getränkehersteller Vöslauer. So setzte das Unternehmen mit einer 0,5-l-PET-Flasche, die zu 100 Prozent aus rPET besteht, erst kürzlich neue Maßstäbe im Land. „Das große Ziel für 2025 lautet, alle Vöslauer PET-Flaschen aus 100 Prozent rPET herzustellen“, meint Birgit Aichinger, Geschäftsführerin bei Vöslauer.

Vergleichsweise mutet da das Ziel von PepsiCo, den Anteil von recyceltem Plastik in seinen Flaschen in der Europäischen Union bis 2030 auf 50 Prozent zu erhöhen, eher gering an. Auch, wenn ein Zwischenziel mit 45 Prozent Recyclat bereits 2025 realisiert sein soll.

Auch kleine „Trinkhalm-Schritte“ helfen

Doch auch kleine Schritte in Richtung Nachhaltigkeit dienen dem großen Ganzen. So stellt sich das Hamburger Unternehmen fritz-kulturgüter beispielsweise klar gegen die Verwendung von Plastiktrinkhalmen und produziert gemeinsam mit dem Berliner Start-up Halm für ausgewählte Gastronomie-Partner wiederverwendbare, leicht zu reinigende und spülmaschinenfeste Glastrinkhalme in limitierter Auflage. Eine Aktion mit der fritz auf die Beschäftigung des Unternehmens mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz aufmerksam machen möchte. „Mit unseren Glastrinkhalmen hoffen wir, einen Impuls in Richtung Umweltbewusstsein zu setzen und unsere Partner für das Thema Plastikvermeidung zu sensibilisieren“, so Mirco Wolf Wiegert, Gründer und Geschäftsführer von fritz-kulturgüter.

Dem Thema Trinkhalm widmen sich auch die finnischen Unternehmen Stora Enso und Sulapac. Sie präsentierten jüngst einen nachhaltigen Trinkhalm aus einem neuen Bioverbundstoff aus Holzfasern und natürlichen Bindemitteln. Dadurch seien die Trinkhalme in industriellen Kompostierungsanlagen ebenso wie in der Meeresumwelt biologisch abbaubar. Geplant ist die kommerzielle Produktion der neuen Trinkhalme aller Voraussicht nach im zweiten Quartal 2019.

Tue Gutes und rede darüber

Insgesamt gesehen sind Unternehmen der alkoholfreien Getränkebranche ebenso wie die Zulieferindustrie gut beraten, sich im Bereich der Verpackung so nachhaltig wie möglich aufzustellen und das dem Verbraucher gegenüber gezielt zu kommunizieren. Ganz gemäß dem Motto: Tue Gutes und rede darüber. Das bedeutet letztlich auch aktive Imagepflege – und die lässt Absatz- und Umsatzzahlen in der Regel nicht ganz unbeeinflusst. Wir werden sehen, welche Veränderungen auch das jüngst beschlossene EU-Verbot von Einweg-Plastik mit sich bringen wird.

Friederike Arndt

Die selbstständige Fachjournalistin Friederike Arndt gilt als Expertin für den Bereich Getränke und war unter anderem lange Zeit als Redakteurin der Fachzeitschriften Getränkeindustrie und Getränkefachgroßhandel tätig. In dem Blog berichtet sie über die neuesten Trends und Innovationen aus dem Bereich der Alkoholfreien Getränke.